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kunstraum niederoesterreich

SOCIAL GLITCH

Radikale Ästhetik und die Konsequenzen extremer Ereignisse

Kuratiert von: Sylvia Eckermann, Gerald Nestler, Maximilian Thoman

 

  1. Eine Ausstellung im KUNSTRAUM NIEDEROESTERREICH 25 09 - 05 12 2015
    mit Projekten im öffentlichen Raum Wiens und in Zusammenarbeit mit TONSPUR Kunstverein Wien und WUK.performing.arts

SOCIAL GLITCH

Codes treiben die bildgebenden Medien in Wissenschaft, Kunst und Architektur und definieren die New Aesthetics computerbasierter Algorithmen. Sie informieren Gesellschaft, Wirtschaft und Politik, indem sie einerseits soziale Praxen digitaler Kommunikation ermöglichen und anderseits deren Überwachung choreographieren. Ihre diskreten Operationen, deren Prozesse im Spannungsfeld von Modellierung, Evaluierung und Optimierung ablaufen, unterliegen jedoch der Kontingenz unerwarteter Fehlfunktionen mit weitreichenden sozialen Konsequenzen.

 

Der Ausdruck "Glitch" bezeichnet Störungen, die technische Geräte bzw. Informationsflüsse korrumpieren. Vor dem Hintergrund unserer technologisch mediatisierten Erfahrungswelt beschreibt der Begriff Brüche und Unschärfen, die sich etwa in Bildstörungen oder Computerbugs manifestieren. Während sie als unerwünschte Alltagserfahrung Problemzonen der Ingenieurskunst sichtbar machen, sind ihre Effekte und Artefakte seit den 1960er Jahren (medien-)künstlerisches Material, das produktiv transformiert und vielfältigen ästhetischen Experimenten unterworfen wird.

 

Die "Spitzen" dieser Störimpulse schlagen jedoch längst auf gesellschaftliche Bereiche über und haben den öffentlichen Raum per se erreicht. SOCIAL GLITCH widmet sich daher einer Aktualisierung und Neubewertung dieser künstlerischen Thematik, indem wir den Glitch nicht als medienimmanentes Potential behandeln. Vielmehr stellen wir unterschiedliche künstlerische Ausdrucksformen in den Mittelpunkt, die sich mit der Performance von Ereignissen beschäftigen, welche in einer Art "negativer Transzendenz" über das Medium hinaus direkt in den Raum der Öffentlichkeit wirken. Um diese Ereignisse im Sinne einer historisch-technologischen Kontinuität der Eskalation theoretisch zu fassen, haben wir den Begriff "Social Glitch" kreiert.

 

SOCIAL GLITCH versammelt künstlerische Arbeiten, die von spielerisch-subversiven Interventionen über fiktiv-performative Erzählformen und spekulativen Experimenten bis zu forschungsbasierten Auslegungen reichen. Was die unterschiedlichen Medien, Ansätze und Arbeiten vereint, ist ein engagiertes, oft aktivistisches und radikales Interesse am "tiefen Horizont" gegenwärtiger Umbrüche. Die (Medien)Ästhetik des Fehlers, welche die Glitch-Thematik in den letzten Jahrzehnten prägte, wird im Sinne einer "Ästhetik der Konsequenzen" ausdifferenziert, die neben künstlerischen auch soziale und politische Potentiale sowie Konfrontationen konkret evoziert bzw. formuliert.